Sonntag, 8. September 2013

Rantepao / Tana Toraja (26.8. - 1.9.13) blutige Rituale & gefährliche Wetten

Eigentlich wollten wir den nächsten Blog nicht schon wieder mit einer ausführlichen Erzählung über die Weiterreise beginnen lassen. Dem Vorhaben wurden aber gar arg viele Steine in den Weg gelegt, so dass wir diese Story einfach auftischen müssen:

Ausgangspunkt ist Tentena, Zielort Rantepao, die beiden Orte liegen etwa 13-15 Stunden mit einem äusserst unbequemen und unglaublich langsamen Bus oder etwa 8 Stunden mit dem viel teureren, dafür aber um ein x-faches komfortableren und schnelleren Privatwagen, auseinander. Wir entschieden uns für das private Auto, da die Busse nebenbei nur für Menschen bis 160cm Körpergrösse gebaut wurden.
Unser Fahrer wollte bereits um 6 Uhr morgens abfahren, das war uns doch ein bisschen zu früh, wir wollten um 8 Uhr abfahren, also gut, Kompromiss 7 Uhr.
Nach 2 Stunden und 45 Minuten Fahrt standen wir plötzlich in einer Kolonne, nichts bewegte sich mehr. Michael checkte die Situation ab und lief bis zum vordersten Auto der Kolonne, da stand ein Schild mit der Information, dass die Strasse täglich von 8 Uhr bis 12 Uhr gesperrt wird. Der Puls stieg auf über 200. Wieso verdammt nochmal sind wir denn um 7 Uhr losgefahren und nicht um 10 Uhr so dass wir die Strasse fliessend passieren könnten???? Nachdem der nur indonesisch sprechende Fahrer merkte, dass jemand  extrem stinkig war, organsierte er ein Telefongespräch mit dem Agenten, der die Fahrt organisiert hatte. Der erklärte Michael, dass sie wegen der Strassensperre um 6 Uhr abfahren wollten, wir das aber ausgeschlagen hätten. Es muss nicht erwähnt werden, dass jegliche Versuche aufs gröbste scheiterten, diesem hirnamputierten Menschen zu erklären, dass auch 6 Uhr viel zu spät gewesen wäre. Schlimmer noch, viel länger wären wir in dieser beschissenen Kolonne gestanden. Ja, die Indonesier in Sulawesi, alles ganz nette, aber einfach zum Teil strohdumm, dass einem des Öfteren das Blut in den Adern zu kochen beginnt oder gefriert – je nach Situation…

Um 12 Uhr ging‘s dann weiter. Unser Fahrer, der das „Billett“ wahrscheinlich erst seit vorgestern in der Tasche hatte, schlich über die Strassen, so dass auch die Fahrt als solches sehr nervenaufreibend war. Alle überholten uns, sogar die aller klapprigsten Kisten und wahrscheinlich auch der Bus, der für die Strecke bis zu 15 Stunden benötigte. Kurz und gut, nach beinahe 13 Stunden erreichten wir Rantepao. 5 Stunden später als versprochen. Wie bereits dem Agenten im Telefongespräch angekündigt, wollten wir den vereinbarten Preis nicht bezahlen, ist ja logisch mit 5 Stunden Verspätung. Der Fahrer, der seinen Beruf etwa so massiv verfehlte, wie die Schweiz den sportlichen Sieg gegen Island, wollte seinen Fehler und sein fahrtechnisches (offensichtliches) Unvermögen partout nicht einsehen. Dieses Mal liessen wir uns aber nicht verarschen und zogen 20$ vom vereinbarten Preis ab. So geht das – Maloney Style.
 
 
Sinnbild für die Tana Toraja Gegend

 
Typisch traditionelles Haus
 
 
 

Pia’s Poppies, unsere Unterkunft, war spottbillig, aber tiptop sauber und punktete mit einer einigermassen ruhigen Lage. Jeden Tag ab 5 Uhr morgens startete ein höllisches Gekrähe der Gockel und ein bestialisches Gegrunze der Säue, wie wenn der Metzger gerade zur Tür hinein winken würde.
 

 

Rantepao ist die grösste Stadt in der Tana Toraja Gegend und liegt im zentralen Hochland. Abends durften wir zur Abwechslung wieder einmal einen Pulli montieren. Die Gegend verdankt ihre Bekanntheit den traditionellen Begräbnisritualen, die hauptsächlich im Juli und August abgehalten werden. Die Verstorbenen werden jeweils so lange aufbewahrt. In den meisten Fällen sogar mehrere Jahre, da ein Begräbnis mit einem riesigen finanziellen Kraftakt verbunden ist. Für viele Familien heisst dies Sparen und zwar über mehrere Jahre. Die Toten werden dabei nicht selten im Haus "gelagert".

Natürlich sind Weisse bei solchen Begräbnissen gerne gesehen, denn dadurch wird die Wichtigkeit der Zeremonie oftmals unterstrichen. Das Opfern von Wasserbüffeln steht im Zentrum der Zeremonie. Je höher die Anzahl der abgeschlachteten Tiere desto höher der Status der Familie respektive der verstorbenen Person. Ein Wasserbüffel kostet bis zu 7000.- Franken. Ein Wahnsinnsbetrag in Indonesien. Der tote Büffel ermöglicht der verstorbenen Seele einen einfacheren Übergang ins Totenreich - so die Erzählung.

Auch wir wollten uns dieses Opferritual nicht entgehen lassen. Mit Budi, unserem überbezahlten Guide, machten wir uns auf den Weg. Budi verspürte noch einen kleinen Hunger auf der kurzen Strecke und verdrückte kurzerhand noch zwei grosse Insektenlarven, die er ganz spontan an einem Bananenbaum erspäht hatte. E Guete, gäll!

Die Zeremonie findet in traditioneller Umgebung statt. Typische Holzhäuser im Toraja Stil. Die Wasserbüffel sahen ihrem Schicksal gelassen entgegen, ganz im Gegensatz zum Schwein dessen nähere Zukunft unabänderbar mit einem Grillrost verbunden war.
 
 
Spielen mit frisch abgetrennten Wasserbüffelhörnern ist doch das Schönste


In Begleitung vom Insektenlarven fressenden Budi

 
Ruhe vor dem grossen Schlachten


Der Witwer in der schwarzen Umhängerobe rechts
 



Die Sau wird gefesselt und dann ab auf den Rost...
Das Viech ist dermassen nervös, dass es völlig unkontrolliert abpisst...

...und wahllos in die Gegend abkackt...

 
Schauplatz für die Opfergaben in Form von Wasserbüffeln...hier beginnt das grosse Schlachten

Das Opferritual wurde mit der ersten Blutfontäne eröffnet, die aus der Halsschlagader eines Wasserbüffels spritzte. Zack, mit einem Messer wurde der Hals aufgeschlitzt. Das Tier verblutet und verteilt sein Lebenselixier auf dem dunklen Erdboden. Während das Blut aus der klaffenden Wunde ran, kämpfte das Tier gegen die schwindenden Kräfte an. Währenddessen wird bereits dem nächsten Büffel ein heftiger Schlitz in den Hals geritzt. Die Tiere stolpern im Todeskampf über ihre bereits toten Artgenossen. Je skurriler der Todeskampf, desto lustiger empfinden die indonesischen Zuschauer das Leiden des verendenden Tieres. Gegröle ertönt von den Rängen als ein Tier das andere im Todeskampf unabsichtlich mit den Hörnern aufschlitzt. Der Kampf mit dem Tod ist fester Bestandteil des Opferrituals. In den Augen des Westlers ein unnötiges Leiden für das Tier. Noch vertretbare Tradition oder Tierquälerei, fragen wir uns.
 
 
Der erste Schnitt durch die Halsschlagader...ein Jubelschrei entfährt der tosenden Menge
warmes Blut spritzt unaufhaltsam aus der frischen Wunde


der massive Blutverlust verlangt seinen teuren Tribut



der nächste "Cut"...




weit aufgerissene Augen...der Tod wartet nicht



 

Der Boden verwandelte sich in einen roten schäumenden Teppich. Ist das letzte Zucken vorbei und der letzte Funken Leben aus den Tieren geschlichen, beginnt die Verarbeitung des Tieres. Die Wasserbüffel werden gehäutet, artgerecht verschnitten und die Innereien nach Spezialitäten aussortiert. Ein faszinierender aber grauenhafter Anblick wie die Männer im Blut herumwaten und mit ihren kleinen Messern an den Tieren herumschnipseln. Innert einer Stunde wurden die acht Büffel in alle Einzelheiten zerlegt. Das Opferritual war zu Ende – zumindest für uns.



vom Blutverlust erschöpft, dem Tod nahe, sinken die Tiere zu Boden...teilweise übereinander


warmes Blut durchtränkt die Erde





die Kadaver werden herumgeschleift...


kaum haben die Tiere den sicheren Tod gefunden, wird die Haut aufgeschlitzt, abgezogen und die Zerlegung beginnt...


 
zwischendurch wird wieder irgendwas Ausgerufen


zuerst wird die abgetrennte Haut abtransportiert, wobei die Schneider gerne mal noch das eine oder andere Stück Fleisch mitgehen lassen


 
die Hygienevorgaben der Schweizer-Metzgereien werden hier nicht unbedingt eingehalten


ohne Worte









aus dem Magen platzt das noch nicht fertig verdaute Grünzeug




übrig bleibt der Kopf


Hahnenkämpfe sind ein weiteres Highlight der Region. Dabei wechselt viel Geld von der einen Hand in die andere. Oftmals verwettet ein Familienvater sogar sein Eigenheim. Mit Nikolo macht sich Michael auf die Suche nach dem beliebten, aber verbotenen Kampf. Auf unserer Fahrt kommen wir noch in den Genuss eines Wasserbüffelkampfes. Millionen von Rupien werden dabei gesetzt. Hunderte von Indonesier am Strassenrand bringen den Verkehr komplett zum Erliegen. Der Kampf als solches war aber eher langweilig, die Büffel waren überhaupt nicht in Kampflaune. Der eine feiger als der andere.

 

Wasserbüffel-Kampf...naja, eher langweilig...aber viel Geld ist da im Spiel




 

Der Hahnenkampf versprach da schon viel mehr Stimmung, alleine schon die scharfen Klingen, die an den Füssen der Kämpfer montiert werden, liessen die schlimmsten Befürchtungen wahr werden. Doch vor dem Kampf wird genau bestimmt, welche Viecher gegeneinander antreten dürfen. Dabei spielt das Geweicht und die Grösse eine wesentliche Rolle. Ungleiche Kämpfe gibt es nicht. Den Athleten wurden also jeweils ein deftiges langes Messer ans Bein geschnürt und auf ging’s in den Kampf um Leben und Tod. Natürlich zückte auch Michael einige Geldscheine. Am Ende resultiert ein Verlust von 5$. Der Kampf als solches ist mitreissend, viel faszinierender war aber die Tatsache, dass Michael der einzige Tourist weit und breit war. Mitten im unverfälschten Indonesischen Leben, wo Häuser ihre Besitzer wechseln, die Polizei bestochen wird und eine nach dem anderen geraucht wird. Genial.
 

liebevoll werden die Gockel gehätschelt vor dem Kampf


das Profi-Set

 
natürlich werden nur die schärfsten Messer montiert




Fight!!!

 
das scharfe Messer führt immer zu fatalen Verletzungen


der neutrale Kampfrichter


vor dem Kampf werden die Gockel richtig heiss gemacht...
 

 
einer verliert immer...


die Arena



 

Rantepao selbst ist eine Stadt mit unglaublicher Luftverschmutzung und einem unfassbarem Lärm. Hier gibt’s kein einziges ruhiges Plätzchen. Überall krähende Gockel, laut knatternde Autos frisierte Roller, die alle eine unglaubliche Abgasfahne hinter sich herziehen. Zu unserem Glück konnten wir unserem Gaumen, der in letzter Zeit doch einiges mitmachen musste, eine kleine Freude bereiten. In Rantepao gibt’s doch immerhin zwei akzeptable Restaurants, die immerhin essbares bis erträgliches Essen im Angebot haben. In unserer Unterkunft wird aber das beste Essen zubereitet, was waren wir froh darüber!
 

was das mit Schule zu tun hat ist fragwürdig....erinnert eher an Zugschule





Rantepao Zentrum

 

Die Landschaft rund um Rantepao, also die Tana Toraja Gegend, erkundeten wir mit dem Roller. Wir entdeckten schöne Landschaften, schöne Reisterrassen, viel Kultur und Tradition. Die Gegend wäre wunderschön, atemberaubend ist eher das richtige Wort, da einem auf der Strasse von all den Abgasen beinahe die Lunge schlapp macht, wäre da nicht dieser verdammte Dreck und die Luftverschmutzung.
 



besonders wertvoll: ein Wasserbüffel mit weissem Fleck auf dem Kopf



im Talkessel liegt Rantepao





Vorhut eines Beerdigungsumzuges...hunderte von stinkenden und lärmenden Rollern
und wir mitten drin!


im Aras Café


Wochenmarkt...auch werden hier gefärbte Küken an den Mann gebracht



...oder im Sack verkauft...


traditionelles Dorf i Hintergrund...Ke-te Kesu





 


Hundekäfig...indonesische artgerechte Haltung

 
ganz krasse Bilder: Kinder spielen mit einem toten Hundewelpen
 
 
z'Nacht im Poppies
 

 
 
 
 
Wir freuen uns auf Makassar, eine zivilisiertere Millionenstadt, die hoffentlich zwei lange Vermisste in Empfang nehmen wird.
 
 
beim Anstehen beim Ticketkauf für den Bus nach Makassar...hoffentlich hockt die nicht neben uns
die Dame resp. das Mädchen ist übrigens noch keine 18!!!


5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Herrlich wie mit Sarkasmus und schwarzem Humor die heftige Materie an Mann/Frau gebracht wird. Fand es trotz sehr bedenklichen Traditionen unterhaltsam zu lesen. Überigens auch ein grosses Kompliment an den Fotograf, bewies ein gutes Auge und hat die Augenblicke gekonnt in Szene gesetzt! Weiter so

Rebecca + Michael hat gesagt…

Danke für das Lob! Das freut uns!!
Wer bist du?

Globetrotter hat gesagt…

Lest bitte in fünf Jahren, wenn ihr etwas reifer geworden seid, diesen Text nochmals durch. Wenn sich eure Einstellung zum Reisen bis dahin nicht verändert hat, bleibt besser zu Hause - zum Wohle aller Menschen, die mit euch in Kontakt kommen könnten. Liebe Grüsse aus Rantepao

Rebecca + Michael hat gesagt…

Danke Globetrotter...anschienend bist du nicht gnz so ein versierter Schreiberling und ahst offensichtlich den Text missverstanden. Wenn ich jetzt so klugscheissierisch daher redn möchte in deinem Stil, dann würde ich dir ein paar Klassiker der Weltliteratur empfeheln...versuchs doch mal mit Dostojewski - der Idiot....

Anja hat gesagt…

Wow, Ihr könnt mit Kritik ja echt gut umgehen. Sorry, aber das ist nicht die erste unverschämte Antwort auf einen Kommentar, die ich hier lese. Ihr bezeichnet Eure Leser also als Idioten? Krass…